Lieblingsort:
Das Café am Neuen See, Lichtensteinallee 2, 10787 Berlin

„Dort ist es so schön grün und man spürt enorm viel Raum – das erinnert mich an den kleinen Ort in Frankreich, an dem ich groß geworden bin. Ich fühle mich da besonders frei – obwohl es in Berlin eigentlich viele solcher Orte gibt. “

Alexandra Verdeil

Es ist ein ganz ureigener Instinkt: Um etwas besser verstehen zu können, wollen wir es anfassen. Wenn man eine Form erfühlt, ihre Kurven nachspürt, dann bleibt ein viel umfassenderes Bild im Kopf als wenn man einen Gegenstand nur anguckt. Alexandra Verdeil nickt aufmunternd und einladend, damit man es ihr gleich tut: Mit den Fingerspitzen fährt sie über die glatte Oberfläche eines vergrößerten Schmuckstücks vor sich auf dem Tisch. „Kinder machen das mit allem so“, sagt sie und nimmt den Anhänger nun zwischen Daumen und Zeigefinger und hält ihn fest. „Doch wir haben es verlernt. Weil uns – vor allem in den Museen – immer wieder eingetrichtert wurde: Nichts anfassen!“

„Wir wollen die Geschichten wieder raus holen, aus den Vitrinen“, erklärt die Französin erfreut. Natürlich sei der Fokus von „Tactile Studio“, die ihren Sitz in Paris haben und für die Alexandra Verdeil seit einem Jahr in Berlin arbeitet, vor allem ein inklusiver: Kunst soll auch für Blinde erfahrbar werden. So wie das Schmuckstück aus dem 3-D-Drucker, das auf dem Tisch liegt. Es ist ein Anhänger mit einem eingebauten Parfümbehälter aus dem Mittelalter und wird demnächst in einer Ausstellung über die Geschichte des Parfüms im Musée International de la Parfumerie in der südfranzösischen Stadt Grasse.  „Durch die Nachbildung und Vergrößerung wird erst einmal deutlich, wie fein die geometrischen Verzierungen und die floralen Muster sind. Und“, Alexandra Verdeil sieht jetzt ziemlich stolz aus „es wird dann an der Tast-Station im Museum auch wirklich duften – dank eines olfaktorischen Elementes!!“

Irgendwann hat das Team von „Tactile Studio“ gemerkt: Das ist nicht nur für blinde Menschen spannend! Eine Ausstellung, die alle Sinne anspricht, eröffnet ganz neue Möglichkeiten für alle Besucher, schwärmt Alexandra Verdeil. Kunst hat sich auch ihr selbst nochmal ganz neu eröffnet. Ihr Schwerpunkt liegt im Sozialen Marketing, aber inzwischen ist sie Feuer und Flamme für ihre neue Mission: Kunst begreifbar machen! Und das Beste ist: Es geht fast alles. Bald wird es in der Berlinischen Galerie ein abstraktes Gemälde zum Fühlen geben. „Damit ergänzen wir das Original. Denn man kann zeigen, wie der Maler vorgegangen ist.“ Immer mehr Museen finden diesen Zugang interessant. Ihr Traum wäre es, sagt Alexandra Verdeil, ein ganzen Raum voller nachgebauter Gegenstände. Das wäre dann der erste Raum in einem Museum mit Schild, auf dem stehen würde: „Bitte anfassen!“

www.tactilestudio.de


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