Lieblingsort:
Mexiko, Old Texas Town, Paulsternstraße 18, 13629 Berlin-Spandau

„Hier, wo die Kakteen (unter den Birken) so schön beleuchtet sind, wenn es dunkel wird, sitze ich gern und gönne mir eine kurze Pause, abseits vom Trubel der Hauptstraße …“

Jack Hunter

Wenn er vor dem Rathaus auf der Treppe steht und die breite, staubige Straße hinunterblickt, dann kann Jack Hunter nicht verbergen, wie stolz er auf seine kleine Stadt ist, die in unmittelbarer Nähe zum Canyon liegt und an Mexiko grenzt, aber eine Spandauer Postanschrift hat. Deshalb geht er jetzt auch erst mal zum hohen holzpfählernen Tor und leert den Briefkasten.
Jack Hunter heißt eigentlich anders. Aber seit er Vereinsvorsitzender vom Cowboy Club ist und jeden Tag in die Westernstadt kommt, ist er eben der Jack geworden. »Auch meine Frau nennt mich inzwischen so.« Er schmunzelt nach Bürgermeisterart. Und dann beginnt die Führung. Am letzten Wochenende haben sich alle Cowboys von Berlin hier getroffen und sind mit den großen Siedlerwagen in den Canyon gefahren, erzählt er und öffnet ein großes Tor gleich hinter der Schmiede. Ein schmaler Hohlweg, der in einen Platz mit aufragenden Steilwänden ringsherum mündet, alles grün, teilweise mit Steinplatten bestückt, in der Mitte eine Feuerstelle. Der Canyon sei erst kürzlich fertig geworden. Die Steinplatten seien dazu da, dass es ein bisschen mehr nach Texas aussieht, erklärt er. Von dem Industriegebiet ringsherum sieht man hier nur noch zwei kleine Schornsteine. Es ist wirklich eine kleine Oase.
Da erklingt von ferne eine Fanfare. Es ist das Handy des Bürgermeisters und Friedensrichters. Es gibt viel zu tun heute: Am Wochenende ist der Saloon für ein Essen und anschließende Feier mit Rodeo gebucht. Jack Hunter sieht zufrieden aus. Er hat einen Ort gefunden, wo er als Vermessungsingenieur anpacken kann, wo er für seine Gäste kochen darf und wo er seine Freunde trifft. Sie seien hier die Modellbauer, sagt er, macht eine ausladende Handbewegung und sagt mit theatralisch erhobener Stimme: »Unsre kleene Stadt.«

Erschienen in „111 Berliner, die man kennen lernen sollte“, Emons Verlag, 2016, Köln


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