Lieblingsort:
Die Kuppel, Teufelsseechaussee 10, 14193 Berlin

„Hier ganz oben auf dem Teufelsberg überblickt man die ganze Weite der Stadt. Und dazu der Sound des Himmels.“

Juri de Marco

Der schwere Dampfer der klassischen Musik hält seinen Kurs. Seit über 300 Jahren sitzen die Musiker auf den ihnen zugedachten Plätzen im Orchester und spielen die selben Noten. Da besteht die Gefahr, dass man irgendwann gar nicht mehr mitdenkt, sagt der Hornist Juri de Marco. „Und dann kommt die Musik nicht von der Seele, sondern nur noch vom Notenblatt.“

„Ich liebe Schubert und Beethoven. Aber warum gibt es keinen Kontakt zwischen Musikern und Publikum – und warum darf es nicht auch mal ein bisschen freier sein?“ Der 24-Jährige merkte allerdings ziemlich schnell, dass Fragen dieser Art in klassischen Orchestern nicht erwünscht sind. Sogar mehr noch: vollkommen abwegig.

Doch Juri de Marco hatte sich immer geweigert, sich festzulegen in der Entscheidung, vor der jeder Musiker irgendwann einmal steht: für oder gegen die Klassik. Schon als Jugendlicher komponierte er, spielte in Orchestern, aber auch in Bands, gewann Solisten-Wettbewerbe und schmiss den Club im Musik-Internat. Juri de Marco war so etwas wie ein Wunderkind. Und alle erwarteten von ihm, dass er klassische Musik studieren würde. Und er beschloss für sich: Wenn klassische Musik, dann nur, um sie zu verändern.

Er studierte klassisches Horn in Berlin. Und dann kam der Moment, an dem er merkte: Ich kann den Kurs nicht ändern, solange ich in einem Orchester mit drin sitze. Ich muss ein neues Schiff mit neuen Segeln ganz neu zusammen bauen.

„Und dann“, sagt er immer noch ein bisschen ungläubig, „dann ging alles ganz schnell.“ Juri de Marco gründete ein eigenes Orchester, das Stegreif-Orchester. Hier spielen die Musiker zusammen ohne Dirigent. Jeder bringt seine Ideen ein, sie spielen ohne Noten, wodurch sie sich frei bewegen können, laufen herum, reagieren aufeinander – und: Sie interpretieren und rekomponieren ganze Passagen. „Das ist ein großer Balanceakt. Es erfordert eine sehr detaillierte Auseinandersetzung mit dem Werk“, erklärt Juri de Marco. „Aber es ist mega aufregend, denn man weiß vorher nie, was am Ende dabei raus kommt.“ Und, sagt er noch, das wichtigste bei allem, was mit Musik zu tun hat, sei ja: offen zu bleiben. Sonst springt kein Funke über. Nichts ist von Vorneherein klar und Schubert darf auch mal in eine Polka abdriften – solange man ihn noch als Schubert erkennt, oder? Und man kann gar nicht anders und ruft : Ja! Alles ist möglich! Denn er ist schon längst übergesprungen, der Funke, spätestens bei dem kleinen Hinterhofkonzert für das Foto in der gleißenden Wintersonne.


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