Unverrückbare Zeitzeugin

Sie ist ein wahres Wunder. Kaum ein Platz in dieser Stadt hat sich so oft von Grund auf gewandelt wie der Potsdamer Platz: Vom Verkehrsknotenpunkt außerhalb der Stadtmauer zum angesagten Vergnügungsplatz – mit allererster Ampel! -, lag er einige Jahrzehnte später von der Mauer zerteilt vollkommen im Abseits, überwuchert von kniehohem Unkraut. Als Schwarzmarkt zwischengenutzt, wurde er plötzlich zum neuen Weltstadt-Glanzprojekt des wiedervereinigten Berlins. Und mitten drin steht sie, die mächtige Ahornblättrige Platane. Seit über 150 Jahren. Sie hat alles unbeschadet überlebt, treibt jeden Frühling ihre Blätter von Neuem zur Sonne und streckt die Wurzeln ein kleines Stücke weiter unter dem Asphalt aus. Vollkommen unberührt von dem Treiben der Menschen um sie herum.

Als der Baum 1858 zum Anlass der Hochzeit des Kronprinzen und späteren Kaisers Friedrich III. und seiner Frau Viktoria, Tochter der Queen Viktoria, gepflanzt wurde, entstand hier am Rande des Stadttors ein neues Villenviertel. Kurz darauf sollte sie bereits das erste Mal dem Straßenbau geopfert werden. Stadtoberbaurat Friedrich Hitzig setzte sich für das junge Bäumchen ein und rettete es. In den 1960er Jahren war es dann den Protesten der Bevölkerung zu verdanken, dass die alte Kaiser-Platane zur uralten Kaiser-Platane werden durfte – und nicht der geplanten Trasse zur Entlastungsstraße weichen musste. Später überlebte sie die Neubebauung und den Bau des Tiergartentunnels.

Steht man heute vor ihr, verstummt mit einem Mal der Großstadtlärm drum herum, das Rauschen der Autos, das Wummern des Presslufthammers von der Baustelle gegenüber und das brausende Saugen der Stadtreinigungsfahrzeuge – und man sieht die Geschichte von Berlin wie im Zeitraffer an dem großen Baum vorüber ziehen – und es wird einem ein kleines bisschen schwindelig in Anbetracht dieses Denkmals: Es ist mehr Vergänglichkeit, als man bewältigen kann.

Adresse:
Potsdamer Straße 33, 10785 Berlin-Tiergarten


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